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Heiß war es schon gewesen in der Maschine, aber nun wurde es heißer und heißer.
Der Schweiß trat aus den Poren der Schläfen, brannte mir in den Augen und floß in
den Mund. Der Hals wurde glitschig von Schweißnässe. Ich öffnete alle Knöpfe der
Bluse. Nichts half gegen die teuflische Hitze, die mich nicht mehr zum Atmen
kommen ließ. Ingeborg Wendland neben mir ging es ebenso, sie stöhnte heftiger und
schniefte auf eine böse Art, die nicht ihrer verstopften Nase zu helfen, sondern allein
gegen mich gerichtet schien.
Die Nacht hatte längst begonnen. Es mußte also rasch kühl werden! In allen Filmen
und Romanen erzählten sie uns doch, in der Wüste sei es nachts immer bitter kalt.
Je mehr ich auf das Ende der Hitze wartete und nur noch Kühle wünschte, nur noch
an Kühle dachte, desto mehr kam ich mir vor wie in den Tropen - mit Winterunterwä-
sche, drei Pullovern und Fellmantel am Amazonas.
— Muß doch endlich kalt werden, sagte ich zu Ingeborg.
- Nein, das ist die Körperwärme.
Sie stöhnte, ich stöhnte, wir hörten die anderen stöhnen. Mit jedem Stöhnen stieg die
Hitze noch, die Körper produzierten die Hitze selbst, unter der sie ächzten, und
steigerten sie dadurch immer mehr. Im engen Flugzeugschlauch gefangen, fügten
wir uns selbst die Folter zu. Einer folterte den ändern. Jeder sich selbst. Die Folter-
knechte brauchten sich nicht die Hände schmutzig zu machen, ihre Arbeit lief von
allein. Ein Dreh am Schalter der Klimaanlage, ein paar Liter Benzin, und die
Hitzefolter wäre vorbei. Aber sie hatten offenbar kein Interesse daran
oder sie schafften es nicht. Über die technischen Probleme wurden wir nicht
informiert.
Die Jeans klebten am Körper. Ich wollte sie ausziehen, öffnete aber nur den Knopf
und den Reißverschluß. In der Reihe vor uns kippte eine junge Frau um. Eine
Stewardeß kümmerte sich. Ingeborg schnappte nach Luft. Sie wird auch umfallen,
dachte ich. Bloß nicht auf mich, sie hat zuviel Gewicht, das halte ich nicht auch noch
aus! Bis zum Bauch saß ich wie in warmem, klebrigem Wasser. Aus den
Achselhöhlen rann immer neuer Schweiß und rann über den alten, stinkenden, halb
angetrockneten Schweiß. Männer saßen mit bloßem Oberkörper im Dunklen. Ich zog
die Bluse aus. Den Büstenhalter behielt ich an, weil ich dachte, wenn du umkippst,
dann sollen sie dich nicht nackt sehen, nicht nackt durch den Gang schleppen. Wie-
der das Geräusch eines hinschlagenden Körpers. Wieviel Grad, vierzig,
fünfundvierzig, fünfzig oder mehr? Es spielte keine Rolle, es war keine Steigerung
mehr denkbar.
- Herzattacke, rief eine Stewardeß.
- Asthmaanfall, kam es aus einer anderen Ecke.
Englische Satzfetzen wie Come here! oder Help us! oder This lady first! zeigten, daß
die Stewardessen und die Entführer, die, wenn sie durch den Gang liefen, im
Halbdunkel kaum voneinander zu unterscheiden waren, offenbar wie ein
eingespieltes Team arbeiteten. Sie folgten jedem Notruf und eilten mal hier, mal da
zur Ersten Hilfe, immer öfter mit Geräten, die wie Sauerstoffflaschen aussahen.
- Durchbluten lassen! sagte Ingeborg.
Ich versuchte, ihrem Rat zu folgen und locker zu sitzen.
- Mein Kreislauf, sagte sie, ich schaff s nicht mehr! Ihr Stöhnen ließ nicht nach. Auch
ich atmete schwerer.
Ich wußte nicht mehr, welche Körperhaltung ich einneh-men sollte, festgeklebt auf
meinem Sitz.
Wir verständigten uns, die Hosen auszuziehen.
- Besser im Slip als umkippen, meinte Ingeborg.
- Wie lange kann man es in der Sauna aushaken? fragte ich.
- Übungssache.
Ich lehnte mich so weit zurück, wie ich konnte. Mit nackten Beinen zu sitzen
verschaffte ein wenig Erholung. Der Bauch war die kritische Stelle, ich mußte
vermeiden, ihn einzuquetschen und die Zirkulation des Blutes zu bremsen.
Immer empfindlicher wurden die Ohren, die das Stöhnen von allen Seiten auffingen
und die Notrufe, die beherrschten Panikstimmen der Entführer und Stewardessen.
Das Stöhnen kam in allen Stimmhöhen, von Männern, Kindern, alten und jungen
Frauen, ich konnte und wollte das nicht mehr hören, und erst recht nicht das Stöhnen
der ältlichen Ingeborg neben mir, das von herrischem Schniefen unterbrochen,
unterstrichen, begleitet wurde, als wollte sie mit dem Rotz auch noch den Schweiß
und den Schweißgeruch hochziehen und in der Nase verstecken. Der Ekel wuchs an
allem, was ich hörte, roch und sah. Die Schweißdrüsen der vielen Leute um mich
herum produzierten nicht allein Hitze und Gestank, jede menschliche Regung schien
nur noch dazu angetan, meinen Abscheu zu steigern. Die Menschen waren mir alle
widerwärtig, sie griffen mich an mit ihrem Gestank, sie schwitzten mich an, von allen
Seiten schwammen und wölbten sie sich auf meinen Körper zu, sie stahlen mir den
Sauerstoff aus der Luft, sie nahmen mir den Platz, sie quetschten mir die Glieder ab,
und es war mir ganz egal, ob sie zusammensackten oder vor sich hin keuchten, ich
haßte sie alle, weil sie nicht aufhörten, ihren stinkenden Schweiß abzusondern und
unser Schwitzbad noch weiter aufzuladen. Es waren einfach zu viele, zu viele
Menschen in dieser Maschine, zu viele Menschen, die fliegen, zu viele Menschen in
Mallorca, überall zu viele, das ist das Übel! Wenn ich nur allein wäre! Allein könnte
ich diese Tortur aushaken und vielleicht noch größere Hitze ertragen, allein käme ich
durch, allein wäre ich dreimal so stark, allein wäre ich gar nicht erst eine Geisel
geworden, allein hätte mich niemand gefangen und gefoltert! Aber nun kämpften sie
alle gegen mich, alle allein gegen mich, brachten mich in Gefahr, nahmen mir den
letzten Sauerstoff weg und ließen mich ersticken, ersticken!
Plötzlich hieß es, eine Tür sei geöffnet worden. Ohnmächtige, Kreislaufschwache
oder andere, die sich einfach hatten fallen lassen, wurden nach vorn geschleppt. Die
Entführer und die Stewardessen sprachen ihre Beruhigungsformeln deutsch und
englisch. Der Anführer hatte eine Taschenlampe aufgetrieben, und mit der dirigierte
er nun die Menschen zum Luftholen, während die drei ändern überall anpackten, mit
beiden Händen. Sie hatten die Waffen weggesteckt, die waren überflüssig geworden.
Wir sahen ein, daß die Ohnmächtigen Vortritt hatten, und blieben sitzen. Die
frischere Luft drang nicht bis zu uns in die Mitte. Die Leute hinten klagten laut über
Gestank. Jassid befahl, auch die Hecktür zu öffnen, so gab es wenigstens einen
milden Durchzug.
Endlich erhielten Ingeborg und ich die Erlaubnis aufzustehen. Wir zogen die Hosen
wieder an und drängelten zur hinteren Tür. Acht oder zehn Leute standen um das
Türloch herum, ich atmete wieder, ganz vorsichtig zuerst, weil ich einen Schock
befürchtete, Lungenschock, gibt es so etwas?, dann immer heftiger, der Sauerstoff
und die Kühle der Luft gaben mir so viel Kraft, daß ich mich immer weiter vordrängte.
Ich stand endlich nah an der Tür, auf der anderen Seite Nummer 22 als Bewacher.
Keine Gebäude zu sehen, nicht einmal Lampen in der Ferne. Wüste. Airport Dubai,
es gab keinen Airport Dubai. Das Nachtlicht draußen heller als die Dunkelheit
drinnen. Sekundenlang dachte ich an Flucht, einfach abspringen, runter auf die
Rollbahn, dann unter der Maschine verstecken, was ist ein gebrochenes Bein gegen [ Pobierz całość w formacie PDF ]

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